Das Gespräch nach der Session

So einen Drop, den ich nach dem Erlebnis mit Mr. Bondage hatte, hatte ich schon einmal gehabt. Das war nach dem Spiel mit meinem Blinddate, den ich auch bis heute nie gesehen habe. Dieses Erlebnis ist und bleibt schon mit das krasseste, was ich bisher so ausprobiert habe. Damals war es neu für mich und es dauerte ein wenig, bis ich auch verstanden hatte, was da mit mir passiert war. Dieses mal wußte ich schon wie ich das Einordnen sollte. Ich wußte, dass es davon herrühren musste, dass ich nach dem Spiel, beim dem ich mich in eine devote Postiton begeben hatte, unsere Beziehung gewollt asymetrisch war, nicht aufgefangen worden bin. Mr. Bondage hatte die Situation nicht aufgelöst.
Beim Sex mag ich es, wenn sich das gleichberechtig sein auflöst. Wenn sich einer dem anderen hingibt. Egal in welche Richtung. Aber hinterher muss es sich für mich dann wieder in ein gleichberechtigtes Gegenübertreten auflösen.

So hatte ich also Redebedarf mit Mr. Bondage, der mir ordentlich den Hintern versohlt hatte, aber mich nicht so Recht an sich rangelassen hatte. War er ein Sadist und konnte das nicht? Ich musste es herausfinden, um dann zu entscheiden, ob ich weiter mit ihm spielen wollte oder nicht. Das nächste Treffen ergab sich auf neutralem Gelände. Fast. Es war auf einem Szenestammtisch auf dem er einen Vortrag halten sollte und mich dazu eingeladen hatte. Das war okay für mich, denn es war neutraler Boden, irgendwie. Und ich ging einfach mal davon aus, dass es irgendwann an diesem Abend die Gelegenheit geben würde uns zu unterhalten.

Bisher hatte ich mich ja mit wenigen Ausnahmen bewußt davor gedrückt, Menschen aus der BDSM-Szene kennenzulernen. Also Menschen mit denen ich nicht explizit spiele. Weil ich nicht zu einer Szene gehören wollte. Ich wollte nicht Teil einer Community sein und mich deren Habitus und Sprache anpassen. Ich wollte als unabhängiger Mensch meiner Sexualität nachgehen, ohne mir zu überlegen, wie das genau heißt, was ich da spiele und treibe. Aber ich fand es unheimlich spannend Mr. Bondage mal in einem anderen Kontext zu erleben. Als Vortragender, mit anderen Menschen. Wie würde er mit mir umgehen, in einer Art Öffentlichkeit? Deswegen ging ich hin und freute mich, dass er mich dabei haben wollte.

Als ich dort ankam, sah ich, dass er sich freute. Er machte keinen Hehl daraus, dass ich zu ihm gehörte, quasi mit ihm da war. Und er hielt einen wirklich guten Vortrag,er war ein guter Redner. War unterhaltsam, nicht zu lang, witzig. Aber eigentlich muss er das ja auch können von Berufswegen. Aber schön ihn mal so zu erleben. Nach dem Vortrag ging man dann gemeinsam noch was trinken.
Die Situation war ein wenig schräg für mich. Ich bekam mit, dass sich die meisten ja schon ein wenig kannten. Also wird auch allen klar gewesen sein, dass Mr. Bondage der dominate Part ist. Vermutlich hat sich außer mir niemand Gedanken darüber gemacht, aber ich fand es seltsam, von Menschen mit denen ich mich nicht getroffen hatte um Sex zu haben, so explizit als devote Frau eingeordnet werden zu können. Ich hoffte sehr für Mr. Bondage, dass er auf gar keinen Fall bei diesem Umtrunk auch nur irgendwie auf die Idee kommt, ein Spielchen ausprobieren zu können. Tat er nicht. Es war ein nettes Plaudern, auch wenn mir manche der Anwesenden ein wenig zu schräg waren. Krasser spielen, als ich es vermutlich jemals tun würde.

Auch unser Gespräch ergab sich noch. Ich hatte ihm erklärt, dass ich noch Redebedarf habe. Ich erzählte ihm, dass ich ihn nicht einschätzen konnte, dass es mir nicht gut gegangen war nach dem letzten Treffen. Dass ich hätte auffangen brauchen. Dass er mich rauslassen muss aus der Rolle. Mir auf Augenhöhe begegnen. Er sagte, dass ihm vor Kurzem eine Frau just dasselbe gesagt hatte, wie ich ihm gerade. Alles in allem spielt er noch nicht lange. Die meisten anderen Frauen hat er auf einen einschlägigen Seite kennengelernt. Erfahrener im Spielen würde ich schätzen. Ich war eine Ausnahme sagte er mir. Mit der anderen Frau war es schwierig, dass die beiden ein gemeinsames Zeitfenster zum Spielen fanden, deswegen wollte er, auch in ihrem Sinne die Zeit möglichst gut ausnutzen und intensiv spielen. Darauf eben jetzt dasselbe Feedback, wie von mir. Vermutlich wird ihm das ab diesem Moment nie wieder eine Frau sagen müssen. Von zwei Frauen unabhängig das gleiche Feedback. Ich wollte es auch einfach nur gesagt haben, musste gar nicht groß drüber reden.

Ab da veränderte sich unsere Beziehung. Weniger BDSM, mehr Vanilla. Er fuhr ziemlich zurück, was Schmerzen anging. Die Augenhöhe war da. Er ließ mich näher an sich heran.

24 Gedanken zu „Das Gespräch nach der Session

  1. Unglaublich was du für Leute kennengelernt hast. Ich bin ja auch auf diversen Seiten Unterwegs aber sowas……….. Hat dich das nicht gestört das du praktisch als Übungsobjekt da warst, er in dem Wissen mit dir gespielt hat um „Besser“ zu werden? Krass gerade dann würde (und habe) ich ja alles darangesetzt diese Grundregeln einzuhalten.
    Auch ich hatte eine erfahrene „Lehrerin“ die mich in meine Dominante Rolle brachte aber auch bei meiner nächsten Subbi wäre ich nie auf die Idee gekommen sie zu benutzen und dann „liegen“ zu lassen ……
    Aber toll wie du das angehst. Respekt … (Du schuldest mir noch einen Kaffee….)

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    • Das hat sie nie nach Übungsobjekt angefühlt. Eher nach zwei Menschen, die ihre Art zu spielen finden müssen. Ich glaube er hat umsichtig und als vernünftiger Mensch gespielt, dem nur die Wichtigkeit des Auffangen nicht klar war

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  2. Hab ich mir gleich gedacht. Sowas würde nämlich ein erfahrener dominanter Mann niemals tun. Bis er mal an die falsche gerät. In dem Bereich gibts es sehr viele Borderliner. Das war ziemlich verantwortungslos von ihm. Ich weiß ja, wie es mir nach ganz normalem Sex schon geht. Völlig verletzlich und dünnhäutig über Tage. Das bei einer psychisch schwachen Person kann fatal sein.

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    • Allerdings traue ich ihm schon auch ein wenig Menschenkenntnis zu. Und er hat richtig eingeschätzt, dass es mich nicht gleich aus der Bahn wirft und ich sagen werde, wenn mir etwas nicht passt. Er hat mir auch schon von Frauen erzählt mit denen er nicht gespielt hat, die labil waren. Die ihn beim ersten Date an dunkle Ort gelockt haben, was ihm alles viel zu heikel war.
      Irgendwoher muss ein dominanter Mann aber auch Erfahrung bekommen.

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  3. Nun, dann laß dir gesagt sein, das dieses Auffangen unbedingt dazu gehört. Nicht nur wegen dir jetzt, sondern überhaupt !! Und eigentlich gehört dies auch in der Verantwortung des Führenden, der es eigentlich genauso braucht. Und überhaupt für mich sowieso ein wichtiges Detail !

    LG

    HoM

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  4. Man muss sich finden – von daher ist in meinen Augen jeder am Anfang eine Art „Übungsobjekt“. Wichtig ist nur das Reden, denn finden und üben beinhaltet Konversation, sonst kann man nicht den anderen kennen noch für sich selber lernen.

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      • Ja. Weil es so viel mehr ist. Es ist verhauen, verdreschen, unterwerfen, unterworfen werden. Es ist Sex, Liebe machen, ficken… „Spielen“ verharmlost das Ganze so grausam.

        Ganz im Ernst, ich hab schon Menschen in meinem Umfeld gehabt, die hielten eine SM-Session mit einem fremden Partner nicht für fremdgehen – obwohl der Partner nichts davon wusste und es auch nicht gut gefunden hätte – weil sie ja nur „gespielt haben“.

        Boah ey… 😉

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        • Ich gebe dir Recht, dass es auf der einen Seite auch mehr ist, aber ich will es auch nicht zu wichtig nehmen. Ich habe nicht das Bedürfnis mich zu outen vor aller Welt als jemand der BDSM macht.

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        • Naja, aber klingt es für jemanden, der keine Ahnung von der BDSM-Welt hat, nicht merkwürdig, wenn Du mit – sagen wir – Jochen – zum Spielen gehst? Ich seh da einen Sandkasten mit Förmchen vor mir 😉

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        • … weist du Ann, das ist halt ein Terminus Technicus der Szene, eh basta. Und da eigentlich alle wissen, was es bedeutet, ist der Begriff gerade nicht verharmlosend.

          Und viele Männer halten die Nicheinhaltung sexueller Exklusivität nicht für einen Vertrauensbruch. Das hat gleichwohl nichts damit zu tun, dass das ganze mit dem Verb „spielen“ benahmt wird.

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        • Waldstern, ich kenne die Szene und weiß, dass ihn fast alle verwenden. Und dennoch hat mir der Begriff noch nie gefallen.

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        • Sind Beziehungen nicht generell immer Trial and Error? Oder weißt du immer wie dein gegenüber tickt und machst immer alles richtig. Er hat mich nicht aufgefangen, weil er nicht wußte, dass ich das brauchen würde. Ich habe es ihm gesagt und er hat es verstanden.

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        • Das ist keine Besonderheit einer besonderen Beziehung für mich. Jeder, der sich in vertrauensvoller Hingabe einem Partner zuwendet, ist enttäuscht, wenn nichts oder wenig zurück kommt. Das ist keine besondere Eigenheit des BDSM. Hier schreiben mir außerdem zu viele Hobby-Psychologen, die ihr Wissen maximal aus Büchern oder aus eigener Therapie haben. Einfach auch mal gern den Kopf einschalten, das hilft in den meisten Fällen.

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  5. ‚… Alles in allem spielt er noch nicht lange …‘

    Eindeutige Meinung: Egal, wie rücksichtsvoll er im Nachhinein mit dir umgeht, egal wie rücksichtsvoll du mit ihm im Nachhinein umgehst – grenzwertig unverantwortliches Verhalten seinerseits.

    Ich erkenne, dass ‚dominanter Mann‘ mitunter zu Beginn einer Bekanntschaft … na, sagen wir … zurückhaltend mit der Informationsvergabe bezüglich seiner eigenen Erfahrung umgeht – aus Angst, die Frau direkt wieder zu verlieren.

    Leider entschuldigt das sein Verhalten nicht.

    Da man jedoch erkennt, dass du weiterhin gerne mit ihm ‚bist‘ wünsche ich euch, dass ihr künftig intensiver vorab kommuniziert.

    +1 übrigens an Ann! Ich finde dieses Wort ’spielen‘ ebenfalls ganz, ganz schrecklich. Community slang hin oder her.

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