Trauern um einen digitalen Freund

Seit ich am Montag Nachmittag meine Twitter-Timeline geöffnet habe überkommt mich immer wieder große Traurigkeit und Fassungslosigkeit. Ein Bloggerfreund hat sich das Leben genommen. Depressionen.

Johannes Korten, ein Social Media Urgestein hielt es nicht mehr aus in dieser Welt, kapitulierte vor seiner Krankheit.Ausgerechnet der Johannes Korten, der für mich großherzigste Mensch, den ich je kennenlernen durfte. 

Ich hatte das Glück ihn letztes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse für ein paar Minuten treffen zu dürfen. Wir schrieben drumherum ein halbes Jahr viel miteinander. Ich trauere um jemanden den ich faktisch nur einmal im Leben getroffen habe und bekomme für mich selbst bestätigt, dass darauf nicht ankommt. Dass es intensive Kontakte auch ohne persönliches Treffen geben kann.

Um meinen Verlust zu verarbeiten, blogge ich über ihn, so wie viele andere Blogger das auch getan haben.

Wie haben wir uns kennengelernt? Johannes hat mein Blog gelesen und mir geschrieben, dass er ihn gerne liest. Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich das schreiben kann. Da ich über Sex blogge, kommt es mir fast schon ein wenig indiskrekt vor das zu verraten. Als ich einmal um Spenden für den WordPress-Account gebeten habe, kam die größte Spende von ihm. So war er wohl. Freigiebig. Für andere da. Nicht viel Aufhebens um die eigene Person machen. Besser im Geben als ihm Nehmen. 

Er hatte mir von ein paar seiner Dämonen erzählt, ohne dass ich wußte, dass es Dämonen sind. Als ich ihm dann an Weihnachten Grüße schickte und ihm Ruhe wünschte, antwortete er mir, dass er die wohl erst finden würde, wenn er mal nicht mehr da ist. Jetzt verstehe ich.

Lieber Hannes, ich wünsche dir sehr, dass du nun die Ruhe gefunden hast, die du hier nicht fandest. Ich glaube fest daran,  dass das Internet ein guter Ort ist. 

In seinem Abschiedsbrief auf seinem Blog hat er sich gewünscht, dass Menschen achtsamer miteinander umgehen.

Wenn ich das auf mein Blog ummünze, dann wünsche ich mir heute einfach mal, dass Menschen einander zuhören, wenn sie Bedürfnisse äußern, auch sexuelle. Nicht sofort abblocken, wenn der Partner einen Wunsch äußert. Meistens hat das sich Durchringen um über dieses Bedürfnis zu reden schon sehr viel Überwindung und Kraft gekostet, so dass es nur fair ist, es auch ernst zu nehmen. Gemeinsam zu überlegen, ob es eine Lösung dafür gibt.

Ich denk an dich.

5 Gedanken zu „Trauern um einen digitalen Freund

  1. Liebe Remia, … ich lese sporadisch aber gerne bei dir mit. Was ich dazu sagen möchte ist: Es sind oft die empfindsamen, großherzigen, offenen und empathischen Menschen die sowas, die Dämonen wie du sie nennst, am meisten mitnehmen und die die größten Kämpfe mit ihnen austragen. Deine Trauer … ehrt dich… und … wie sagt man immer: Nur die Vergessenen sind wirklich tot. 🙂

    Alles Liebe

    Maurice

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