Der Barkeeper und ich…

Motel One Bar – kristallisiert sich zu meinem Lieblingsschreibeort heraus.

Seit dem geplatzten Gummi sind die ersten zwei Wochen nun schon vorbei. Also muss ich nur noch vier Wochen warten, bis ich mich testen lassen kann. Das Ganze ist durchaus mehr in meinem Hinterkopf präsent, als ich gerne hätte. Es legt über meine Reise doch so einen kleinen Schatten, erst mal.

Viele Gedanken, ich würde so gerne viel schreiben. Aber die knapp drei Wochen reisen, rächen sich insofern, dass die erste Woche wieder zu Hause krass vollgestopft war und ich einfach keine Zeit zum Schreiben hatte.

Weihnachtskilos waren weg, jetzt habe ich im Urlaub wieder zugenommen. Sehr frustig. Mal wieder eine neues Höchstgewicht. Es geht dann immer mal wieder runter um dann noch eine Schippe draufzulegen. Klassisches Jojo halt. Ohne eine eklatante Änderung in meinem Leben, die Wohnsituation und zeitliche Belastungen beinhaltet, werde ich daran auch nichts ändern können. Aber warum schreibe ich das? Ich hatte kurz überlegt, statt zu Schreiben in einen Club zu gehen, aber ich mag mich gerade selbst nicht. Das ist eine eher schlechte Voraussetzung, um sich auf Menschen einzulassen. Lieber mich mit Menschen umgeben, die ich schon kenne, die mich einfach hinnehmen oder mögen wie ich bin. Laune ist gerade mehr so kuscheln und einigeln, als ficken.

Ich schulde euch zwei aktuelle Themen: Zum einen noch den Artikel über die Reise, zum anderen hab ich gleich nach meiner Rückkehr mit Mr. Bondage einen Kink-Workshop besucht, der sehr spannend war und einen Artikel verdient. Worüber schreibe ich jetzt also zuerst? Immer diese harten Entscheidungen bei AperolSprizz.

Ich versuche mich in meinen ersten Abend in Kapstadt zurück zu versetzen. Die Urlaubsgefühle wieder zu erwecken. Ich bin also ganz alleine nach Kapstadt geflogen. Hatte mir eine Unterkunft gebucht, aber sonst noch überhaupt keine Pläne gemacht. Ich kam am an frühen Abend in der Wohnung an. Meine Gastgeberin verstand ihren Job und hatte mir eine ganze Liste an Empfehlungen für Restaurants aufgeschrieben. Ich war hungrig und musste zwangsläufig nochmal los. Und wollte auch los. Es wäre ja auch einfach zu schade Zeit in einer Wohnung abzusitzen, wenn man in einer der wunderbarsten Städte der Welt ist. Ich ging die Liste durch und entschied mich für eine Bar. Bestellte mir ein Uber und ließ mich dort hinfahren. Sobald es dunkel ist, bewegen sich weiße Menschen eigentlich nicht mehr anders fort, als mit Uber. Für deutsche Maßstäbe sind die Preise für Uber auch wirklich günstig. Und es ist sicher. Voll gute Erfindung für dort. Ich hatte mich für eine Bar entschieden. Ziemlich cooler Schuppen. Wahrscheinlich hätte ich mich in meiner Heimatstadt nicht in so einen fancy Laden getraut. Es war ziemlich voll. Also wurde mir ein Platz an der Bar geboten. Das mag ich eh ganz gerne. Von dort aus kann man eigentlich ganz gut Menschen beobachten.

In der Bar arbeitete eine sehr bunte Mischung aus hippen Menschen sowohl schwarz, als auch weiß. Bisher waren mir eher schwarze im Service begegnet, deswegen war mir das aufgefallen. Hinter der Bar waren schwarze Jungs in sehr schicken Klamotten – Anzughose und Weste. Sie machten auch eine ziemliche Show beim Cocktails mischen. Aber das gefiel mir. Sie wußten, was sie taten. Hohes Niveau beim Barkeepen. Ich entschied mich für einen Cocktail und einen Salat. Und freute mich einfach drüber Menschen anschauen zu können, sowohl hinter als auch vor der Bar. Ich flirtete ein bißchen mit den Barkeepern, aber bildete mir nichts darauf ein. Das gehörte für mich einfach zum Bargeschäft dazu, dass sie die Solofrau vor der Theke ein wenig unterhalten. Umso überraschter war ich, dass als ich meinen Drink leer hatte, ich ungefragt einen neuen Drink bekam. Nicht denselben den ich schon hatte, sondern einen ähnlichen. Ich dachte kurz darüber nach, ob das nun so eine Abzockermasche war, wo ich am Ende so eine Riesenrechnung bezahlen muss. Die Preise waren für Südafrika zwar einigermaßen hoch, in meinem Münchenmaßstab aber gut zu verkraften. Einer der Jungs hatte den Drink hingestellt, ein anderer grinste mich an dabei. Spannend. Mal sehen, wohin das führen würde. Ich konnte es mir leisten und rechnete damit den Drink bezahlen zu müssen. Auch wenn es so wäre, nur halb so wild. Es würde dann vermutlich einfach dazu führen, dass ich am nächsten Abend nicht mehr in die Bar gehen würde, wo man mir ungefragt Drinks hinstellt. Ich unterhielt mich gut mit den Jungs uns sah mir das Treiben in der vollen Bar an. Menschen, sehr bunt gemischt. Alt, jung, hipp, reich, Künstler, Studenten. Ich langweilte mich keine Sekunde. Nach einer Weile quatschte mich eine andere Frau an, die ebenfalls wie ich allein an der Theke saß. Wir hatten ein nettes Gespräch. Sie hatte auch Lust mit den Barjungs zu flirten. Also taten wir das. Wir interessierten uns für zwei unterschiedliche Männer. Sehr praktisch. Ich bekam im Laufe des Abends noch zwei weitere Drinks einfach so hingestellt. Da war ich doch mal auf die Rechnung gespannt. Es war eigentlich ein sehr gelungener erster Abend in Kapstadt. Einziges Problem. Mein Handyakku hatte schlapp gemacht. Ich hatte mir gerade noch die Adresse meiner Unterkunft auf einen Zettel gekritzelt, bevor das Telefon entgültig ausging. Die Barkeeper boten mir an es zu laden. Irgendwann so gegen 1 Uhr wurde ich müde und wollte nach Hause. Ich fragte nach der Rechnung und ließ mir mein Handy wieder bringen. Es war nicht geladen. Was mich nicht sehr überrascht hat, da ich schon befürchtet hatte, dass sie kein USB-C Ladekabel da haben würden.

Mein Flirt brachte mir die Rechnung. Erste Überraschung. Es standen nur die Drinks auf der Rechnung, die ich bestellt hatte. Sie hatten mir also wirklich drei Cocktails ausgegeben. Verrückte Sache. Damit hatte ich so gar nicht gerechnet. Ich verdiene doch mehr als er…. Hoffentlich bekommt er keinen Ärger, wenn er einfach so Drinks ausgibt… Macht er das immer? Er kann doch nicht dauernd einsamen Frauen Drinks ausgeben….Was erhofft er sich dafür? Und warum ich? Viele Gedanken schossen durch meinen Kopf. Ich bezahlte und gab wirklich ein riesiges Trinkgeld. Er bot mir an, mir beim Taxiholen zu helfen. Uber ging ja nicht, da mein Handy leer war. Das Angebot nahm ich dankend an. Wir trafen uns draußen vor dem Restaurant wieder. Er heißt Tatenda. Kommt gebürtig aus Simbabwe. Ich gab ihm meine Handynummer. Drinnen hatte er mich nicht danach fragen dürfen. Er besorgte ein Taxi und verhandelte den Preis. Er bot mir an mit zu fahren und sich dann wieder zurück bringen zu lassen. Irgendwie verrückt. Aber ich hatte ein gutes Bauchgefühl. Jedenfalls saßen wir im Taxi. Er wußte, dass ich den ersten Abend in der Stadt war. Er bot mir an, dass er mir am nächsten Tag etwas von seiner Stadt zeigen würde. Das nahm ich dankend an. Wir fuhren nicht auf direktem Wege heim. Er ließ den Taxifahrer zum Signalhill fahren. Das ist die Superromantiknummer. Von dort aus hat man einen wunderbaren Blick über die Stadt. Da gucken die ganzen Pärchen immer den Sonnenuntergang. Ich war also noch keine 5 Stunden in der Stadt und stand kuschelnd mit dem Barkeeper auf dem Signalhill und blickte auf die Lichter Kapstadts. So verrückt. Damit hatte ich so gar nicht gerechnet. Ich hatte nicht vor jemanden so kennenzulernen.

Wir blieben nicht lange. Ich war angeheitert und wollte ins Bett. Er hatte sich in der Arbeit nur eine Pause genommen und musste zurück. Wir fuhren im Taxi zu meiner Unterkunft und ich wurde abgesetzt, bekam noch ein Küsschen und musste noch nicht mal mein Taxi bezahlen. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag um etwas Sightseeing zu machen. Das war schon ein sehr verrückter erster Abend als Alleinreisende. Ich hatte mich einfach offen auf Menschen eingelassen. Blieb mir ja allein auch nix anderes übrig. Nach nicht mal fünf Stunden hatte ich jemanden getroffen, der mir seine Stadt zeigt. Das ist so cool.

 

12 Gedanken zu „Der Barkeeper und ich…

  1. Ich finde es toll, dass du alleine reist. Das stelle ich mir nicht einfach vor, mich würde irgendwann die Einsamkeit einholen. Dieses Sich-Auf-Andere-Einlassen erfordert viel Kraft und Mut.

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    • Habe ich mich lange nicht getraut. Jetzt bin ich glücklich es getan zu haben. Ich hatte auch mit Einsamkeit gerechnet, aber es kam alles auf mich zu. Ich musste gar nicht suchen. Das fügte sich alles einfach. 🙂

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  2. Pingback: Überraschung auf dem Schiff | seitenspringerin

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