Gemeinsam weniger einsam

Die Nächte werden kühler, ein wenig herbstlich. Wolldecke und Tee habe ich schon wieder rausgekramt. Mein Nähebedürfnis wird auch gerade wieder größer. Die Gelegenheiten zum Nähe tanken sind aber aktuell eher rar gesät.

Gestern Abend rief mich zu meiner Überraschung relativ spät Mr. Montage an. Damit hatte ich ja schon gar nicht mehr gerechnet, da unser Kontakt doch sehr wenig geworden war. Er wollte reden. Hat immernoch Gefühlschaos in seinem Kopf. Zu dem ich vermutlich nur einen klitzekleinen Anteil beitrage. Er sagte, dass er schon ein paar Mal darüber nachgedacht hat sich zu melden, mich aber nicht als Trostpflaster benutzen wolle. Das fand ich gar nicht so wild. Trostpflaster sein. Ich sagte, dass sei schon okay für mich. Nachdem ich weiß woran ich bin, kann ich ganz gut damit leben. Und wenn zwei Menschen dafür sorgen, dass sie sich gemeinsam ein wenig weniger einsam fühlen, dann ist das doch ganz okay.

Wir telefonierten fast zwei Stunden. Er redete, ich hörte zu. Meistens jedenfalls. Auch gebraucht werden, ist mal ganz okay. Neben seiner sonstigen Gefühlswelt lies er auch durchblicken, dass er das mit uns nicht einschätzen kann. Ich glaube er hat ein wenig Angst, dass ich mich in ihn verknalle und er das nicht erwidern kann. Er hat wohl Lust auf das mit uns, auf das unverbindliche, muss ich sich aber mit dem Konzept erst anfreunden.

Während des Gesprächs hatte er eine Flasche Rotwein getrunken. Durch seinen Liebeskummer, den er hat, hat er die Nächte vorher nicht wirklich gut geschlafen. Ich entgegnete lachend, dass es nur daran liegt, dass er kein lebendiges Kuschelmonster in seinem Bett habe. Als ich bei ihm war hat er eigentlich durchgeschlafen. Gegen schon ziemlich spät und in ein wenig angetrunken erzählte er mir, dass er gerade mit einem Ständer im Bett liegen würde. Aha. Und ob ich nicht vorbeikommen würde. Ahaaaa.

Ich dachte nach: 35 Minuten Fahrzeit zu ihm, ich wäre kurz nach Mitternacht da. Sein Wecker wird gegen 6:30 klingeln. Ich hatte am nächsten Tag frei, könnte ein wenig länger schlafen als sonst. Wir würden vermutlich nach einer halben Stunde einschlafen…

Aber PMS gebeutelt hatte ich mich den ganzen Abend saueinsam gefühlt. Fahre ich zu einem gut angetrunken Mann, nur um vermutlich 30 Minuten später eingekuschelt einzuschlafen?

Ja. Verrückt, aber ja.

Ich hab es gemacht. War kurz nach Mitternacht bei ihm. Er hatte die halbe Stunde, die ich Fahrtweg hatte schon geschlafen. Ich kam an, ging eigentlich direkt ins Bad um mich Bettfertig zu machen und kletterte dann zu ihm ins Bett. Der Moment, als ich unter seine Decke kletterte, seinen warmen Körper spürte, in den Arm genommen und festgehalten wurde. Der war es sowas von wert. Ich spürte wie mein Körper die Nähe aufsaugte. Wie Glückshormone durch meine Blutbahn strömen. Er hielt mich fest, kraulte mich am Kopf und Nacken. Dieses Auftanken geht nicht bei vielen. Es geht bei ihm, bei Mr. Bondage, bei Mr. Sunshine und bei meinen Kollegen. Bei allen weiß ich, dass sie mich mögen, wie ich bin. Und ich mag sie einfach. Und dann geht das.

Wie gut das tut. Vermutlich ist das auch echt ein irrer chemischer Prozess, der da in Gang gerät. Aber schon ein paar Minuten mit meinem Kopf an seine Brust gekuschelt sorgten für einen krassen Stressabbau in meinem Körper. Ich sagte ihm, dass ich meine Tage hatte und er deswegen nicht so an mir rumgrabbeln kann, wie ich an ihm. Er zog sich aus, ich zog mein Schlafshirt aus, behielt aber meine Hose an. Noch mehr Körperwärme, die er abgab. Ich spürte ein fordernde, hatte Latte gegen mein Becken drücken. Ich rutschte an ihm runter und blies sie hingebungsvoll. Der Rotwein den er getrunken hatte sorgte dafür, dass er leichter genießen konnte. Er ließ mich machen. Ich mochte das. Irgendwann als er schon sehr erregt war, nahm er meinen Kopf in seinen Hände und fickte mich in den Mund bis er kam. Es war schön. Ich genoss seine Erregung. Ich machte eine kurze technische Pause im Bad, kam zurück und kuschelte mich an ihn hin. Er löffelte mich und wir schliefen ein. So schön. Das passiert mir wirklich selten. Vor Allem ohne T-Shirt kann ich eigentlich nie schlafen, weil ich immer kalte Schultern bekomme. Später in der Nacht wachte ich auf. Wir lagen immer noch eingekuschelt da. Ich zog mein T-Shirt an.

Es war vermutlich wirklich nicht mehr als eine halbe Stunde. Aber die hat mir so gut getan. Ich glaube er hat es auch genossen, jemand um sich zu haben und nicht allein seiner Wohnung zu sitzen. Gemeinsam ein bißchen weniger einsam.

11 Gedanken zu „Gemeinsam weniger einsam

  1. Ich kenne Sexarbeiterinnen, ich glaube auch Ilan Stephani hat sich mal in diese Richtung geäußert, die berichten, dass es einige Männer gebe, die nur das suchten, das in den Arm genommen und festgehalten werden, die Nähe und das Angenommensein, so wie man ist.

    Übrigens, du kannst das auch beim Tango erleben. The healing through the embrace. Du spürst selber, dass sich auf einmal der Raum ändert. Manchmal siehst du diese verwunderten, erkennenden Blicke von den anderen, obwohl du gerade gar keine aufmerksamkeitserhaltende Figur getanzt hast. Dann merkst du, dass die Umarmung gerade den Raum veränderte.

    Nach meiner Erfahrung hält es für drei Tage bis manchmal zwei Wochen.

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    • Das wäre der Teil der Arbeit, der mir auch wirklich gefallen würde… Nähe geben. Ich glaube, dass die Welt auch eine friedlichere wäre, wenn jeder ab und an in den Arm genommen würde.
      Ich bin gespannt, wie lange es hält 🙂

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    • Das ist gut, wenn du eingebunden wurdest. Ich bin Grüppchen gegenüber wirklich immer sehr zurückhaltend. Vielleicht sollte ich manchmal an meinen Vorbehalten arbeiten und ihnen eine Chance geben.

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  2. Auch ein Mann empfindet das so. Doch der Moment wo Du unter die Decke springst – löst bereits das Aufbäumen aus.. Ab da ist die Massage und Streicheln und und und erstmal eine Torture…. Erst nach der befreienden ERLÖSUNG kommt der Sanfte romantische Teil.. Und ja, das Löffeln hat auch was besonderes – ich spüre die Frau dabei anders

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  3. Nur weils halt grad lief und passte…

    „I am calling, yes I’m calling just to speak to you
    For I know this night will kill me, if I can’t be with you“

    Lou Reed, New York Telephone Conversation, 1972

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    • Für mich war das okay. Ich hatte eh meine Tage und war nicht sehr erpicht auf mehr. Er hatte das nicht erwartet. Wir hätten auch einfach kuschelnd einschlafen können. Aber ich fand seine Latte so verlockend. Ich hab also angefangen. Für mich war alles gut.

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