Sein Schmerz mit meiner Nacht im anderen Bett

Es ist ruhig geworden um mich. Weil ich in eine Beziehung gerutscht bin, von der ich manchmal noch nicht so genau weiß, was ich halten soll. Drei Monate jetzt. Ich bin eigentlich fast nicht mehr bei mir zu Hause. Da hatte ich nun endlich eine neue Wohnung und bin nie da. Klingt so nach einem meiner Klassiker, so als ob ich in mein altes Schema verfalle. Dass ich mich mal wieder davor drücke mir selbst ein eigenes schönes Zuhause zu schaffen. Dass ich – wie immer – den bequemen Weg nehme und mich bei ihm breit mache. In seinem funktionierenden gemütlichen zu Hause. Ganz von der Hand zu weisen ist das sicherlich nicht.

Es ist schön mit ihm. Wir tun uns gegenseitig wirklich gut. Der Sex ist saugut (worüber ich definitiv noch mehr schreiben muss). Ich hab ihn meinen Freunden vorgestellt, seine Familie habe ich irgendwie auch so zufällig kennengelernt. Wir nennen uns immer Nicht-Pärchen-Pärchen.

Da hab ich mich immer nach einer Beziehung gesehnt, dann hab ich eine vor der Nase und hadere damit meine Freiheit aufzugeben. Und das ist für mich wirklich ein Knackpunkt. Mit ehrlicher Kommunikation wird das schon werden, dachte ich. Er weiß was ich so angestellt habe, hat mich mit dem Blog kennengelernt. Aber es ist dann doch immer was anderes, wenn es einen selbst betrifft. Ich hab in den drei Monaten genau zwei andere Männer getroffen. Mr. Bondage war einer davon. Damit hat er irgendwie kein Problem. Den hat er akzeptiert als wichtigen Bestandteil meines Lebens. Nach dem anderen Date haben wir uns drei Tage nicht gesehen und alles stand auf der Kippe. Ich hatte ihm ehrlich erzählt, dass ich eine Nacht mit einem anderen Mann verbracht habe. Und konnte den Schmerz und die Eifersucht in seinem Gesicht sehen. Das war aus zweierlei Hinsicht sehr spannend und lehrreich für mich. Nachdem meine Exfreunde von meinen Seitensprüngen nie wussten, musste ich auch nie mit der Eifersucht umgehen. Zum anderen konnte ich mich in seinem Schmerz sehen. Konnte den Schmerz nachvollziehen, den er durchmacht. Ich hatte das mit Mr. Bondage auch durchgemacht, so wie er jetzt. Das Aufwiegen, das Herabgesetzt fühlen, das Hadern, aber eigentlich wissen, dass man liebt.

Warum hab ich den anderen Mann überhaupt getroffen? Zum einen weil ich ihn mag und ihn gerne mal wiedersehen wollte. Zum Anderen weil es sicherlich ein Ausbrechen aus einer gefühlt ziemlich monogamen Beziehung war. Diese Beziehung machte mir ein klein wenig Angst, da ich meine Freiheiten endgültig dahinschwinden fühlte und mich immer fragte: Bin das noch ich? Das ist natürlich übertrieben, denn immerhin hatten wir eine Übereinkunft darüber, dass ich einen anderen Mann (Mr. Bondage) treffen kann und es kein Problem ist. Aber es reichte mir irgendwie nicht. Nie wieder monogam. Das hatte ich mir in meinem Kopf so ausgemalt. Mit offener Kommunikation. Und dann steht der „gehörnte“ Mann vor dir und kämpft mit den Tränen, weil es ihm wehtut. Hui, das ist hart. Der Zwiespalt zwischen ihm nicht wehtun wollen und das Gefühl zu haben sich selbst aufzugeben.

Dann fragt er mich auch noch zu Recht, warum ich das tue. „Unser Sex sei viel und gut.“ Stimmt. Ich brauche das für mein Ego, für mein Wohlbefinden. – Sex der nicht so gut ist, wie unserer. Huch, das klingt sehr dünn und egoistisch. Auch die Angst, dass der Sex nicht so gut bleibt, dass die Lust weniger wird nach der Anfangseuphorie, spielte mit rein. Ich würde ihm ja sehr wünschen, dass auch er noch eine Affäre hat. Sich auch noch anderweitig austobt. Aber da hat er gerade überhaupt keine Lust zu, bzw tut sich ja eh erst mal schwerer als ich mir.

Bin ich so bindungsunfähig durch mein Gevögel geworden, dass ich das einfach nicht abstellen kann und auf Teufel komm raus machen muss oder ist es einfach meine Grundüberzeugung, dass es meine Art zu leben ist… ? Vielleicht war es auch einfach doof zu hoffen, dass ein bisher monogam lebender Mann sich so ganz einfach und problemlos auf meine polyamoren Versuche einlässt.

Wir haben uns versöhnt. Das hat uns beiden gut getan. Haben aber das Problem nicht behoben. Irgendwann werden wir nochmal drüber reden müssen. Vielleicht wird es leichter mit weniger direkten Emotionen, mit Abstand. Mehr rational als emotional. Zumindest hoffe ich das. Aber ich weiß gar nicht ob er da überhaupt der Typ dafür ist. Der Kollege Mr. Unauffällig.

15 Gedanken zu „Sein Schmerz mit meiner Nacht im anderen Bett

  1. Ich würde es erst einmal versuchen das Problem theoretisch zu lösen. Sollte es in der Theorie klappen kann man vorsichtig anfangen es praktisch anzugehen. Meine Erfahrung.

    Like

  2. Puh, schwierig.
    Ich denke, da spielen mehrere Dinge eine Rolle:
    Du möchtest nicht in einer normalen Paarbeziehung sein, weil du nicht so gesehen werden möchtest. Quasi extrinsische Motivation.
    Die intrinsische Motivation (der Ausdruck passt nicht ganz, aber mir fällt nichts besseres ein) ist dann aber, dass Du schon so lange so lebst, dass es einfach ein Teil von dir ist und Du gerade Angst hast, einen Teil deines Selbstverständnisses aufzugeben.

    Ich kenne dein Problem nur zu gut, hadere ich doch gerade selbst damit.
    Nein, ich habe noch keine Lösung.

    Gefällt 2 Personen

  3. Spannend, denn ich hatte ein Jahr lang eine sehr schöne Beziehung zu einer Frau, die sich, obwohl es sexuell sehr gut war, vielfältig, wir schöne, besondere Momente/Tage miteinander hatten, von inniger Zärtlichkeit bis Bondagespiele. Sie das auch immer wieder selbst gesagt hat, sich aber trotzdem nicht konzentrieren konnte auf mich. Sie musste immer noch die alten Kontakte auch sexuell pflegen und das war schwer zu verstehen. Ich war zuvor, das im Unterschied zu Deiner Geschichte, auch viel unterwegs. Aber sie war es mir Wert mich zu konzentrieren. Eben zumindest solange es so gut war. Aber das hat nichts genützt und wir haben uns dann eben doch getrennt. Da du aber bei Dir auch auf der Suche nach dem „Warum“ bist, hat sich für mich da auch immer die Frage gestellt, welchen Einfluß haben dritte, wenn Du sie eben im Spiel hälst, auf das was man will. Ist es also wirklich Deine Freiheit, die Du lebst oder beeinflußen Dich die anderen Männer da (wie auch bei meiner Freundin), manchmal ohne dass Dir das bewußt ist. Das es Dir eben so nicht gelingt das wirklich gute so wertzuchätzen. Ich finde, nichts ist für unendlich, aber wenn es wirklich besonders ist, sollte man sich darauf ganz einlassen, vielleicht findet man dann doch auch das mit dem einen, was man den anderen nur zugesteht. (Vielleicht von diesen aus verständlichem Eigennutz auch eingeredet bekommt und eben aus blinder Eitelkeit nicht sieht.) Das wir daran gescheitert sind, haben wir beide sehr bedauert, aber sie konnte einfach nicht über ihren Schatten springen. Ich hoffe Dir gelingt es.

    Gefällt 1 Person

  4. Ich würde gerne noch etwas ergänzen, als Fazit meiner persönlichen Erfahrungen:
    Freiheit ist auch die Freiheit sich für einen zu entscheiden und nicht nur aus Prinzip offen für viele zu bleiben. Dann wäre es nämlich das gleiche, wie jene, die aus Prinzip, Tradition oder Moral an der monogamen Beziehung festhalten.

    Gefällt 1 Person

  5. Ich versteh dich, das ist blöd.

    Klar, es gibt immer solche Änderungen. Kürzlich heulte sich eine Frau bei mir aus, deren Freundin sich angeblich hat schwängen lassen und sich von der Kampflesbe zum häuslichen Heimchen am Herd entwickelt hat. Selbst kenne ich Frauen, die durch einen Mann vom politisch rechten zum politisch linken Rand (und umgekehrt) gewechselt sind.

    Sofern du so bleiben willst, wie du bist, wäre meine Empfehlung, mit ihm ein Seminar zum Thema Poly zu besuchen. Vielleicht mal beim Polyamoriestammtisch in München vorbei zu schauen oder irgendwas ähnliches.

    Ich kenne zwei Menschen, die das mit ihrem Partner gemacht haben. Der eine besuchte ein mehrtägiges Polyseminar im Bayerischen Wald. Die Beziehung löste sich danach auf. Der andere besuchte ein mehrtägiges Poly und Tantra Seminar in Österreich, die Beziehung gibt es wohl (?) noch.

    Andererseits gibt es aber auch die Theorie, dass solche Leute einfach nur Nähephobiker sind.

    https://goo.gl/2JJpX1

    Ich selbst würde, wie gesagt, erstmal die Seminarmöglichkeit präferieren, um den Partner langsam und behutsam an das Thema heran zu führen.

    Like

  6. Hallo Remi,
    viele berichten leider, dass solche Konstellationen scheitern (zwischen Poly und Mono). Es muss dir bewusst sein, dass sowas nicht schnell geklärt ist und viel anstrengende Kommunikation bedürfen wird. An deiner Stelle würde ich meinen Weg nicht aufgeben. Liebe heißt, sich für den anderen zu freuen, egal mit wem und was er/sie tut, Hauptsache es tut dem/der jeweiligen gut. Wenn ich mich so anmaßen darf. Ihr seid beide von Ängsten gesteuert, wie wir alle. Du hast Angst, deine Freiheit/Dich aufzugeben und er hat Angst, dich zu verlieren und verlassen zu werden.
    Ich würde dir raten, nicht mit der Auseinandersetzung zu warten. Suche das Gespräch mit ihm. Sage ihm direkt, dass du sein Schmerz und Gefühl nachempfinden kannst und du dennoch diesen Weg gewählt hast und gehen möchtest und er dir gut tut.Und ihr ihn weiterhin gemeinsam gehen könnt. Dass dieser Weg viele Möglichkeiten bietet. Und man eher Angst vor unbekannten Dingen hat. Dann frag ihn, welche Regeln ihm Sicherheit geben würden, findet einen Kompromiss und versucht es damit.
    Übrigens, dass der Sex und alles zwischen euch super ist, ist nur eine Entschuldigung und der Weg in die Bequemlichkeit. Quasi, wieso Konflikte und „Probleme“ schüren, wenn alles so gut ist. Das ist Konfliktvermeidung.
    Wünsche euch viel Erfolg und Liebe.
    Lg

    Like

  7. Früher habe ich das ganze Polyzeugs nicht verstanden. Mittlerweile tue ich das weitaus mehr.
    Jedes Schiff braucht einen Heimathafen, dort ist essicher aber Schiffe sind nicht dafür gemacht um im Hafen zu stehen.

    Like

  8. Hey,
    es bleibt etwas ein Gefühl wie enttäuschte Liebe, wenn man vorbeischaut und das „Zimmer ist leer“. Schade dass Deine Schreibmotivation große Lücken reißt. Habe Deine Blog immer gerne gelesen…

    Like

Gib deinen Senf dazu. Ich freu mich..