Warum genau wollte ich eigentlich nach Hause?

Aus reinem Selbstschutz sitze ich nun in der Kneipe, die meiner Wohnung am nächsten liegt. Ich muss schreiben. Muss mir mein Selbstmitleid von der Seele schreiben. Ich bin heute zurück gekommen von 2 1/2 Wochen Urlaub. Der war so weit wunderbar. Wenn ich reise und neue Orte und Menschen entdecken kann, dann geht es mir immer gut. Dann fühle ich mich frei und leicht. Gegen Ende der Reise hatte ich Heimweh. Hatte mich nach Nähe gesehnt. Hatte während der Reise immer mal wieder mit Mr. Unauffällig Videotelefoniert. Das hat mir gut getan, es fühlte sich an, als würde sich unsere Beziehung wieder normalisieren.

Ich fieberte die letzten Momente meiner Reise regelrecht darauf hin nach Hause zu kommen. Das meinte in meinem Kopf, seine Nähe zu spüren. Ich fühlte mich Nähe ausgetrocknet. Kuscheln: das war das was ich herbeisehnte.

Und dann war ich zu Hause und er sagte mir, dass er mich nicht sehen will. Das sei ihm zugestanden. Zumal er einen Tag vorher operiert worden ist und sich zu Hause auskuriert. Ich wusste das. Trotzdem hatte ich gehofft, dass er auch Nähe brauchen kann, dass ich mich um ihn kümmern kann, ihm gut tue. Sein Nein führte mir meinen fatalen Fehler vor Augen. Meine riesige Erwartungshaltung, Als er mir sagte, dass er lieber allein sein will, da konnte ich meine Enttäuschung nicht verbergen. Vor meinen Augen lief so oft der Moment ab, wenn wir uns wieder sehen und wir uns nahe sind. Und dann die Enttäuschung, dass er mich nicht sehen will. Doppelt bitter, weil er sich zusätzlich noch schlecht fühlt, weil er meine Enttäuschung gesehen hat und nun ein schlechtes Gewissen hat. Dabei ist es ja grundsätzlich völlig okay zu sagen „Sorry, heute bin ich lieber allein“

Jetzt sitze ich also hier. Allein. Einsam. Der einzige Mensch allein in der Kneipe. Beim Schreiben muss ich mich zusammenreißen, dass mir nicht die Tränen kullern und ich ein noch komischeres Bild abgebe. Warum genau wollte ich heim? Warum? Dahin, wo niemand auf mich wartet. Niemand. In eine Wohnung, in der noch immer das blanke Chaos herrscht und sich nichts nach zu Hause anfühlt. Um beim Anziehen für die Kneipe nochmal zu merken, dass ich mich nach dem Urlaub natürlich noch fetter fühle als vorher eh schon. Unattraktiv, ungeliebt, unordentlich. Als ich im Urlaub Sport machen wollte hat mein Körper erst mal kapituliert. Was ein ungewohntes Gefühl ist. Ich habe genug Sporterfahrung, habe einen Präventions-Trainerschein. Bisher ist es nur immer dran gescheitert, dass ich mich nicht aufraffen konnte. Jetzt hatte ich nach dem Sport fünf Tage so dermaßen Kreuzschmerzen. Das Älter werden und ein Urlaub, in dem mich nicht mal mit dem Arsch jemand angeschaut hat, setzten dem ganzen noch einen drauf. Ob ich zu Hause bin, oder nicht, würde nicht mal jemand merken.

Ich weiß niemand wird mir aus diesem Tief raushelfen. Das kann ich nur selbst tun. Heute Abend jedenfalls stecke ich ganz tief im Selbstmitleid. Und werde das tun, was mir immer hilft. Schlafen. Denn am nächsten Morgen sieht die Welt immer besser aus. Und zumindest die anderen Kollegen freuen sich wenn ich morgen wieder da bin.

19 Gedanken zu „Warum genau wollte ich eigentlich nach Hause?

  1. Hallo remi. Ich kenne so eine Phase nur allzu gut. Mir hilft es dann immer Ordnung zu schaffen in meiner Wohnung. Wenn man im. Kopf und im. HERZ schon keine Ordnung hin bekommt. Es hilft mir immer… Denn eine wohnliche Umgebung, die Gewissheit alles liegt an seinem Platz.. Da kommt die Ordnung im Kopf von ganz alleine. Alles Liebe und ein wenig selbstmitleid ist auch gut für die Seele. Alles Liebe c.

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    • Ach je… dieses Bedürfnis, geliebt , gebraucht, erwartet zu werden stellt uns immer wieder ein Bein. Alles ist gut, schön, fast schon perfekt, alles liegt an seinem Platz, wie C schreibt, und dann fehlt da dieser Mensch, der das alles lebenswert, wirklich perfekt macht. Ich frage mich manchmal, ob das nur empfindsamen, zweifelnden, sich hinterfragenden Menschen so geht, ob egomanische Idioten, die nicht erwarten können, dass sie jemand angesichts ihre Selbstzentriertheit liebt, nicht in solche emotionale Löcher fallen….

      Geht das wirklich, ohne ein geliebtes Gegenstück auf Dauer durchs Leben zu gehen… Ich weiss es nicht, aber ich kenn Deine Gefühle sehr gut…. Was soll ich dir sagen…. Kopf hoch, wird schon … Schon etwas abgegriffen… Banal…Aber ist es nicht so? Fühl Dich gedrückt und Kopf hoch, Brust raus,…

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  2. Schlafen wäre auch meine Empfehlung. Urlaub, nicht erfüllte Erwartung und dann Sport im Urlaub – ist ja doch ganz schön viel. Da freu ich mich mal auf deine nächsten Posts …

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  3. So kurz nach dem Urlaub im Loch. Schade. Ein Tipp. Ordne dich und dein Leben, hör auf zu jammern und zu erwarten, daß sich alles um dich dreht. Daß er sich abwendet ist doch klar. Du warst mit deinem NoGoEx unterwegs, da hat er nichts zu befürchten. Jetzt bist du wieder da und auf dem Markt. Wenn du seine Erwartungen nicht erfüllen kannst, und das ist menschlich daß er dir nicht vertrauen kann, schließ das Thema ab. Da ist ein Riß, den kann man nicht kitten.

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    • …und mach diese verdammte Wohnung endlich zu Deinem Refugium :))). Heimkommen kannst Du nur, wenn da was ist, wo es sich lohnt, heimzukommen 😀 Wohnen bei den „Trümmers“ will keiner.

      Auch wenn Saunagänge im Selbstmitleid kurzfristig helfen, es bleibt eigener „Mock“. Probleme nach intensivem Sport nach längerer Abstinenz sind kein Problem des Alters. Du scheuchst doch auch kein Auto nach einer -20°C Nacht morgens in den Begrenzer. Es gibt kein „zu Dick“. Nur unverschämte, ignorante Menschen die sich über das ausgepackte Sensationsgeschenk nicht freuen :))

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      Wie isst man einen Elefanten? In vielen kleinen Portionen!

      Hebel auf den Tisch, volle Fahrt voraus!

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  4. …fühl Dich einfach umarmt, Remi!
    Auch an dieser Stelle: Du bist nicht allein!
    …mit diesen Gefühlen, dieser Sehnsucht, diesem Zweifel! ❤️🍀👍
    Sagt R.,
    der gerade mitheulen könnte, aber weiß, dass es vergeht…

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  5. ich habe nach dem urlaub immer ein loch, allerdings bin ich dann immer froh, wieder zuhause anzukommen. bedenke bitte, dass alles seinen preis hat, auch die ungebundeheit, die du ja so sehr geniesst. helfen kannst du dir nur selber, und glaubs mir, sport ist wundervoll, wenn man den inneren schweinehund überwunden hat. das setzt kräfte und lebensmut frei. viel erfolg.

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  6. manchmal glaube ich, du bist meine Zwillingsschwester – so verrückt …. ich habe vor 30 Jahren in einer Arztpraxis mal einen Aufkleber geschenkt bekommen : „Optimist ? Na klar! “ – den halte ich mir immer vor Augen, egal wie die Achterbahnfahrten sind… ich möchte nicht aufgeben, diese Welt weiterhin auf Reisen entdecken und erleben….und inzwischen ist mir klar, dass das ohne Freunde und Beziehungen einfacher ist, auch wenn es zunächst den Anschein hat, dass es mehr schmerzt…. die Suche nach Geborgenheit und Anerkennung macht einen kirre im Kopf, dabei ist da draußen so eine wunderbare bunte Welt. Drück Dich!

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  7. diese Momente erlebt jeder mal , trifft auch gebundene Menschen …. drum wie schon andere gesagt haben hier, klar Schiff machen , Krone richten und weitergehen. Du siehst gut aus und hast auch schon was geschafft im Leben , halt dich an deinen positiven Seiten fest und du wirst sehen es geht weiter im Leben lg 😉

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  8. Ich lese hier immer mit und denke erstens „Was für eine großartige Frau“ und zweitens „wie schade, dass ich nicht in Bayern wohne“

    Kleiner Tipp mit dem Sport: Mir hat es unglaublich geholfen, dass ich irgendwann damit begonnen habe, pro Woche eine Einheit Pilates zu machen. Kostet echt nicht die Welt und wenn es ein fester Termin ist, sollte das auch klappen.

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