Der August naht und ich habe deutlich weniger Termine als sonst. Vielleicht gelingt es mir ja wirklich mich an die Buchversion zu setzen. Der Vorsatz steht. Und ich bin jedenfalls mal wieder deutlich produktiver, was Texte schreiben angeht, als die vergangenen Wochen.
Ich bin nun seit sechs Jahren Single. Sechs Jahre ohne die Verpflichtungen und Kompromisse die man mit einer Beziehung eingeht. Zumindest würde ich das in einem ersten Impuls so glauben. Ich gehe ja in meinen Affären irgendwie auch Kompromisse ein. Manchmal hinsichtlich der Kommunikation, manchmal wegen der Zeit, die man gemeinsam verbringt. Warum denke ich darüber nach?
Ich hatte vor einer ganzen Weile aus einem Gefühl heraus auf meinem Joy-Profil einen Text verfasst, der die Überschrift trägt „Ich wäre mal wieder für etwas Beständiges bereit“. Also eine Beziehung (wie auch immer geartet, nur nicht monogam). Mit gegenseitigen Freiheiten, Offenheit, aber doch als Team zusammen – grob zusammengefasst. Jedenfalls schrieb mich vor einer Weile ein Mann an, ziemlich explizit auf diesen Text hin. Er hätte ihm gefallen, daran sei er interessiert. Es brauchte eine Weile bis wir uns wirklich getroffen habe. Er war hartnäckig geblieben, zeigte Interesse. Am Anfang war ich skeptisch, weil er mich immer auf seine Terrasse einlud. Ich mache eigentlich nie erste Dates, die nicht auf neutralem Boden sind. Wir einigten uns darauf, dass ich bei ihm vorbei komme und wir dann in seinem Ort etwas trinken gehen würden. Das war akzeptabel für mich. Also doch neutraler Boden.
Er hatte mich vor dem Date schon gelöchert, wie dass denn mit meinen aktuellen Affären so sei. Wieviele es gäbe? Wie das Verhältnis zu Mr. Bondage sich so gestaltet? Mich hatte schon lange nicht mehr jemand dazu gebracht darüber nachzudenken, ob und vor allem wie ich mir eine Beziehung vorstellen kann. Und beim drüber Nachdenken und mir Vorstellen habe ich schnell gemerkt, dass ich es mir schon auch sehr gemütlich eingerichtet habe in meiner Singlewelt. Ein wenig wie die alten schrulligen Singles, die nicht mehr vermittelbar sind, weil sie sich schon so viele schräge Eigenheiten angewöhnt haben zwischenzeitlich.
Wir trafen uns. Ich finde er ist ein interessanter Mensch und ich will mich gerne mit ihm beschäftigen. Er ist um die 50 Jahre alt, aber jung geblieben, was man zwar seinen grauen Haaren nicht unbedingt ansieht. Ein attraktiver Mann. Ich nenne ihn Mr. Beziehung. Er wohnt in etwa 70 Kilometer von mir weg. Um mal so die harten Fakten abzuklappern. Er kommt aus bisher ausschließlich monogamen Beziehungen und ist auch eher der Beziehungs- als der Wildrumvögel-Typ. Aber er ist wirklich interessiert daran, wie ich mein Leben lebe. Er sagte, dass er mir das Freiheiten zugestehen glaubt. Dass ich den Eindruck vermittle, es ernst zu meinen mit dem wie ich leben will. Da liegt er sehr richtig.
Aber schon an diesem Punkt war spürbar, dass wir aus zwei ganz verschiedenen Richtungen kommen. Er klopfte schon beim Kennenlernen ziemlich genau ab, wie ich mir was vorstelle. Also wen es da sonst noch gibt. Wie das funktionieren soll mit den anderen. Das fühlte sich für mich nach der falschen Reihenfolge an. Vielleicht würde es zwischen uns eh nicht fliegen, dachte ich. Also ich war eher so, ach lass uns mal sehen, ob sich Gefühle entwickeln, dann verhandeln wir darüber, wie und mit welchen Bedingungen sich eine Beziehung entwickelt. Er wollte gefühlt vorher genau wissen, worauf er sich einlassen würde im Falle des Falles. Noch bevor er überhaupt herausgefunden hat, ob ich nicht vielleicht eh doof und nicht sein Typ bin.
Aber das brachte mich natürlich auch unfreiwillig dazu darüber nachzudenken, wie ich mir eine Beziehung vorstellen kann. Puhh. Was ich sicher weiß, meine Freundschaft zu Mr Bondage ist nicht verhandelbar. Sonstige Affären: Müssen ja nicht. Keine Clubbesuche mehr, fänd ich eher schwierig. Die Frage, die in meinem Kopf die meisten Zweifel auslöste, ob ich denn für eine Beziehung wirklich bereit wäre war, dass ich in nächster Zeit vermutlich die Möglichkeit habe mit jemandem spontan zu verreisen. Ich habe das Gefühl, das wäre für eine potentielle Beziehung deutlich weniger wahrscheinlich, dass man sich das zugesteht, als mit jemandem Sex zu haben. Ich genieße es schon sehr dahingehend unabhängig zu sein und so spontane Dinge tun zu können. Das ist sehr schräg. Ich weiß.
Unabhängig davon lagen wir bei ziemlich vielen Themen auf einer Wellenlänge. Es war ein schönes anregendes Gespräch. Mit Wiederholungs-Garantie. Am Ende küssten wir uns noch auf seinem Balkon. Es war schön. Auch wenn er küsst, wie Männer seiner Generation küssen. Zumindest ist das meine Erkenntnis nach jetzt doch so ein paar Männern, die ich im Laufe der Zeit geküsst habe. Gilt nie für alle. Aber überwiegend küssen die Männer seiner Generation eher zu fordernd, zu viel Zunge, zu viel gleich aufs ganze gehend, zu wenig Gefühl
Wir trafen uns ein paar Tage später ein weiteres Mal. Zwischendurch fragte er immer, was ich sexuell so angestellt hatte. Das schien ihn zu beschäftigen und mich irritierte es. Ich war ihm ja keine Rechenschaft schuldig. Wir hatten uns erst einmal gesehen. Aber wenn er mich fragt, dann beantworte ich seine Fragen auch. Bevor wir uns wiedersahen, fragte ich ihn, ob ich ihn an diesem Abend so küssen dürfe, wie es mir gefällt. Er war vermutlich irritiert, aber stimmte zu. Ich erklärte mich auch gar nicht näher. Das ich das ausgesprochen hatte war auch für mich selbst ein Zeichen, dass er mir wichtig war.
Auch der zweite Abend war schön. Ich musste auch dieses Mal wieder heimfahren, weil ich arbeiten musste am nächsten Tag, so dass wir nicht unendlich viel Zeit hatten. Wir gingen wieder essen und redeten viel. Dann landeten wir auf seiner Couch. Ich hatte meine Tage immer noch leicht. Das war sehr nervig, weil ich sie in letzter Zeit immer über einen relativ langen Zeitraum habe. Es war nicht richtig arg, aber so dass ich es zumindest thematisiert haben wollte und ihm auch sagte. Wenn man sich besser kennt, dann ist das kein Problem. Aber so beim ersten Mal sind es denkbar ungünstige Startvoraussetzungen. Da hilft auch alles beteuern des Mannes nichts, dass er es nicht schlimm findet. Ich fühle mich dann einfach eingeschränkt. Aber wir begannen zu knutschen und ihn trieb natürlich meine unterschwellige Kritik an seinem Knutschen um. Aber er nahm es mit Humor und sagte, dass ich frech sei. Und dann durfte ich ihn so küssen, wie ich es mag. Verspielter. Langsamer. Es war schön. Ich glaube es gefiel ihm auch. Bevor es ernst wurde verzog ich mich mal kurz ins Bad um die aktuelle Periodensituation abzuchecken. Unproblematisch. Ich zog es vor gleich nur noch im Höschen wiederzukommen.
Aber meine Tage sorgten dafür, dass ich lieber gab als nahm, an diesem Abend. Was ihn ein wenig quälte, weil er auch lieber gibt. Die Kopfmenschen halt. Erst mal geben, da muss man den eigenen Kopf nicht aus bekommen. Aber ich schaffte es ihm einen Orgasmus zu blasen, was ihm seiner Aussage nach noch nicht oft passiert ist. Yeah. (innerlicher Eckfahnenjubel an dieser Stelle). Mein Kopf wollte sich an dem Abend nicht fallen lassen. Für mich überhaupt nicht weiter wild. Das habe ich meistens, wenn ich mit jemandem was anfange, den ich noch nicht gut kenne. Ich bin ja eher mehr so der Typ für Two-night-Stands 🙂 Ich machte es mir mit seiner Unterstützung selbst. Yeah gekommen.
Eigentlich alles palletti. Soweit. Aber er kennt meinen Blog. Und fragte gleich am nächsten Tag, ob ich denn schon gebloggt habe. Nein, weil ich an dem Tag keine Zeit und Muße gehabt habe. Woraufhin er nachschob: „Nicht Blogwürdig?“ Das war zwar als Witz gemeint, aber ich spüre, dass ein Funken Ernst drunter liegt. Das Vergleichen, Nachlesen. Ich weiß gar nicht, ob das jemals funktionieren kann. Vielleicht kann ich so lange ich blogge keine Beziehung haben. Weil es ist ein Teil von mir, den zu verschweigen ich krass fände, aber mit dem Blog wird das gefühlt auch echt nicht möglich sein. Wir zofften dann auch gleich noch ein klein wenig, da ich das letzte Cluberlebnis gleich gebloggt hatte (noch vor seinem Eintrag jetzt)
Ich bin in den Club losgezogen, an einem Abend an dem er mir gesagt hat, dass er auf eine Party geht. Da dachte ich: Okay, er ist beschäftigt, dann gucke ich mal, was ich anstelle. Ich hatte ihn zuerst gefragt, wie er denn seinen Abend geplant hat. Er warf mir am nächsten Tag vor, dass ich ihn nicht gefragt hatte, ob er mit mir in den Club gehen will. What?? Warum sollte ich das denn fragen, nachdem er mir gesagt hat, dass er schon was vorhat. Das ist mir irgendwie zu hoch. Solche Diskussionen kenne ich sonst nur mit Frauen. Er hatte mit keiner Silbe angedeutet, dass er sich auch etwas anderes hätte vorstellen können. Oh Mann. Keine Ahnung, ob und wo das noch hinführt mit uns zwei. Wir haben uns auch seitdem nicht mehr gesehen.
Vielleicht haben wir doch ein paar Missverständnisse in unserer Kommunikation. Vielleicht will er sich der Freiheitsliebenden Frau nicht aufdrängen und ich denk mir, dass er schon sagen muss, wenn er etwas will. Mal sehen, wie das noch weitergeht.
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