Liebe, doch kein Beziehungsmodell das passt…

Es war leise hier auf dem Blog der Seitenspringerin: Leise, weil der Kollege und ich uns in einen weiteren Versuch eines Beziehungsmodells gestürzt hatten. Es entstand zu Beginn des zweiten Lockdows im Herbst. Wir konnten so die einsame Zeit gemeinsam verbringen. Uns im Sinne der Kontaktbeschränkung auf uns gegenseitig beschränken. Es fiel mir für ein halbes Jahr überhaupt nicht schwer. Es war perfekt. Nähe und Sex soviel oder sowenig wie es sich einfach für uns anfühlte.

Der Lockdown ging vorbei, aber unsere Zweisamkeit blieb erstmal. Bis wir vor dem selben Problem standen wie schon mal. Je mehr Lockerungen kamen, desto größer wurde mein Drang wieder losziehen zu wollen. Ich hoffte auch dieses Mal, dass er sich auf irgendein Modell jenseits von Monogamie einlassen würde. Er hoffte, dass ich vielleicht merken würde, dass er reicht, dass ich alles bekomme, was ich brauche.

Wir hatten uns darauf eingegroovt, dass wir uns immer Samstag auf Sonntag sehen – etwa 24 h lang. Mehr war ihm zu viel, mir passte das so auch ganz gut. Ich hoffte in diesem Modell, dass er mich unter der Woche „laufen“ lassen können würde. Aus meiner Sicht würde ich ihm damit weder Zeit noch Sex wegnehmen. Vermutlich würde es ihm oft noch nicht einmal bewusst werden, wenn ich einen Abend anderweitig verbracht hätte. Ich glaube aber, dass er in diesem Modell den Gedanken nicht abstreifen kann, dass er nicht genügt, sich mangelhaft vorkommen würde. Für ihn ist es einfach nichts.

Der Sex ist wunderbar mit ihm, er kann es mir unglaublich gut besorgen. Er begehrt mich so wie ich bin. Ich fühle mich geliebt. Dieser Moment, wenn ich bei ihm unter der Dusche stehe und er sich im Bad zu mir setzt, einfach um mich anzusehen. Und steif wird, weil er meinen Körper so sehr begehrt. Doch trotzdem bleibt der Drang in mir, dass ich fremde Haut spüren will, dass ich die zusätzliche Bestätigung brauche, den Flirt, das Unbekannte. Eine Weile geht es immer ohne, aber das bleibt nie so. Das war bisher immer so. Wenn ich das so schreibe fühlt es sich undankbar an, weil begehrt werden und Liebe nicht reichen. Aber ja, so ist es, weil es einen Teil von mir eben nicht akzeptiert.

Im Grunde haben wir nie zusammen gepasst: Er der genügsam auch zu Hause bleiben kann, ich die immer los will, immer was unternehmen muss. Er ordentlich, gut organisiert, ich chaotisch, manchmal wankelmütig. Ich bräuchte jemanden der mich mitzieht, er auch, aber ich ziehe zu viel. Aber wir haben uns einfach geliebt.

Jetzt haben wir wieder Funkstille. Die ist von ihm so gewählt und ich respektiere sie. Es wird auch beim dritten Mal nicht leichter, auch wenn ich kein Modell sehe in dem das mit uns dauerhaft funktionieren könnte.

Aber ist nicht das erste Mal, dass ich das schreibe, mal sehen, ob es das letzte Mal wird.

Aber ich sortiere mich wieder neu und werde berichten.

Lebenszeichen – after Covid

Ich hatte eine ganze Weile einfach keine Lust zu schreiben. Ich weiß eigentlich gar nicht warum. In gewisser Weise habe ich es genossen mich in dieser Lockdown-Phase in einen immer gleichbleibenden Lebensrhythmus einzuigeln. Unter der Woche nur Arbeiten – halb Homeoffice, halb Office, Ehrenamts-Telkos, Essen, Lesen, Bett, jetzt wieder Sport. Am Wochenende einen Tag Lover, einen Tag Familie und die Besties. Sieben Kontakte, seit Wochen aber dafür immer dieselben. Ich könnte das noch eine Weile so durchhalten. Aber ich bin zumindest vom Job privilegiert, da die Krise keinerlei Auswirkung für mich hat.

Mein letzter Beitrag ging über meine Streaming-Erlebnisse. Das habe ich so bis zum Jahreswechsel betrieben. Dann kam der Neujahrstag. Ich hatte den Jahreswechsel mit dem Besties-Pärchen und einer weiteren ganz engen Freundin verbracht. Wir waren in der Tat einer mehr als in Bayern erlaubt war. Ich hatte am Silvestertag leichten Schnupfen bekommen. War in den Tagen vorher zwei Mal Joggen gewesen. In normalen Jahren hätte ich das noch nicht mal wahrgenommen. So aber fragte ich meine Freunde, ob ich trotzdem kommen soll oder nicht. Sie bejahten, waren aber über meine minimal laufende Nase informiert. Als ich am Neujahrstag zurück nach Hause kam, ging ich duschen. Dann fiel mir auf, dass ich mein Duschgel nicht mehr roch. Verrückt, denn ich hatte es mir wegen des Blutorange-Minze-Geruchts gekauft… Ohoh.. Verdammt. Es roch einfach nach nichts. Nach dem Duschen ab in die Küche, an der Kaffee-Dose riechen. Nichts. Shit. Feiertag. Gleich den Termin im Schnelltest-Zentrum ausgemacht für den nächsten Tag. Freunde informiert, Lover informiert, Familie informiert – die hatte ich aber seit 5 Tagen nicht mehr gesehen.

Am nächsten Tag zum Schnelltest. Ich bin Ubahn gefahren, was ich sonst nie mache, aber der Testort lag Mitten in der Innenstadt. Nachdem alle anderen ihr Ergebnis aus der einen Tür bekamen und ich zur anderen gebeten wurde, war mir gleich klar, dass der Test positiv ausgefallen ist. Fuck. FUCK. Und dann muss man noch mit der Ubahn heimfahren. Zweit Tage später bestätigten mir dann zwei PCR-Tests dasselbe Ergebnis. Ich hatte also Corona. Und auch bis heute keine Ahnung, wer mich angesteckt haben könnte. Meine Freunde haben sich alle gleich in Quarantäne begeben. Meine Familie, obwohl sie nicht hätte müssen auch. Alle haben sich mehrmals getestet. Niemand hat es sonst bekommen. Immerhin.

32 Quadratmeter, 1-Zimmer, allein 10 Tage. Viele wunderbare Menschen die mich anriefen oder mir Essen brachten. Ein Arthouse-Channel Abo, Bücher und Internet brachten mich durch die Zeit. An sich ist Allein sein für mich nicht das Problem. Ich kann mich da schon beschäftigen. Aber die Sorgen und Ängste die immer mal wieder durchbrachen waren nicht so ohne. In der ersten Nacht nach dem Ergebnis hatte ich eine irrationale Angst davor einzuschlafen. Man könnte ja im Schlaf ersticken. Am Ende bin ich mutmaßlich mit einem 5-tägigen Geruchs- und Geschmacksverlust, ein klein wenig Halsschmerzen und minimal Schnupfen davon gekommen. Ich hätte statt Kaffee auch einfach heißes Wasser trinken können, es hätte keinen Unterschied gemacht. Aber ich hab trotzdem Kaffee gekocht.

Am 10. Tag durfte ich wieder raus. Ab Mitternacht. Was ich dann gleich genutzt hatte, um den auf dem Balkon gelagerten Müll rauszubringen. Mein Hausarzt hat mir geraten 6 Wochen keinen Sport zu machen. Jetzt habe ich langsam wieder angefangen zu joggen. Ich bin nun 2 Monate Post-Covid und merke soweit nichts. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich mich weniger lang konzentrieren kann, als vorher. Aber keine Ahnung, ob ich mir das nur einbilde.

2021 und ich sind nach dem holprigen Start noch nicht so wirklich Freunde geworden. Kurz nach meiner Quarantäne ist eine meiner beiden Omas gestorben. Nicht an Corona. Aber auch ohne Abschied. Die Beerdigung im kleinen Rahmen war dafür schön, da nur Menschen da waren, die sich gewogen sind. Es war trotz der Umstände eigentlich die schönste Beerdigung auf der ich bisher war. Ich wurde dazu auserkoren, die Grabrede zu halten. Eine Herausforderung. Aber ich glaube es ist mir ganz gut gelungen. Und keine Rede bisher in meinem Leben, habe ich vorher so oft geübt wie diese.

Meine andere Oma ist gerade noch auf Reha, weil sie sich den Oberschenkelhals gebrochen hat. Heute ist ihr Sohn, mein Onkel gestorben. Ich war bisher in meinem Leben sehr wenig mit Tod konfrontiert, jetzt gehäuft. Wenn ich darin was positives sehen kann, dann dass es meine Freundschaften und die Familienbindungen enger macht. Der zweite Lockdown hat dafür gesorgt, dass ich jeden Sonntag bei meinen Eltern esse. Es ist ein schöner Brauch geworden. Danach zu den Besties zum Abendessen und Filme gucken

Es geht mir gut, nur Sex hatte einen eindeutig geringeren Stellenwert in meinem Leben als sonst. Der Kollege und ich sehen uns ein bis zwei Mal die Woche, wir geben uns Nähe und haben auch Sex. Wunderbar, dass sich das so gefügt hat, für den zweiten Lockdown.

Das war ein erstes Update. So ein bißchen was habe ich schon noch zu schreiben. Es fühlt sich an, als kehrt die Muße zurück.

Ich habe es nicht mehr ausgehalten…

Ich sitze hier in meiner Wohnung und ärgere mich kurz über den Studentenbubi-Nachbarn, der gerade mit einem Date auf dem Balkon chillt. Aber zu unrecht, außer er wird nun jeden Tag eine andere Frau zu Gast haben, dann würde ich mich wohl beschweren. Ich sollte mich mal wieder chillen. Um das Ganze auszuhalten mache ich verhältnismäßig viel Sport. Das tut gut.

Die ersten 3 Wochen des Lockdowns war ich bei meinen Eltern. In der Zeit hatte ich Homeoffice. Das war insofern cool, weil man auf dem Dorf mit Haus und großem Garten das ganze eh nicht so merkt und die meisten genau dasselbe machen, wie sonst auch – sie werkeln irgendwas im Garten und quatschen über den Gartenzaun. Im Haus meiner Eltern hat mein Bruder noch eine Wohnung und hält sich dort mit seiner Freundin auf. Einsam war es jedenfalls nicht. Wobei ich gemerkt habe, dass ich mich unter Menschen viel einsamer fühle, als allein in meiner Wohnung. Wir sind noch dazu keine Körperkontakt-Familie. In der dritten Woche ging mir das Alleinsein ganz schön an die Nieren. Vor Allem allein unter Menschen, die jeweils nicht allein sind. Da war es fast eine Erlösung für mich, dass mich meine Firma aus dem Homeoffice zurück an den Schreibtisch beordert hat.

Doch der ganze Sport konnte nicht kompensieren, dass ich ziemlich down war und sehr nach körperlicher Nähe dürstete. Alle Gedanken drehten sich nur noch darum…Ich schrieb mit ein paar Kontakten um mich abzulenken. Die meisten sind bei ihren Partnern zu Hause. Je länger das geht, desto mehr fehlt mir der Kollege. Er hat mich nun vor etwa drei Wochen auf WhatsApp blockiert. Seit drei Wochen schreibe ich trotzdem Nachrichten an seinen Account. Ich finde mich auch schräg, wenn ich das tue, aber irgendwie tut es mir gut. Immer wenn ich an ihn denke schreibe ich ihm eine Nachricht, die er nie zu Gesicht bekommen wird.

Ich schrieb auch mit dem Genussmann. Ja der mit dem Absoluten Blinddate. Unser Kontakt, der sehr lose ist, ist aber bestehen geblieben über die letzten Jahre. Er lebt auch alleine, so wie ich. Zusätzlich arbeitet er im Bereich Kunst und Kultur und arbeitet also gerade nicht. Ich erzählte ihm, dass ich mir einen Corona-Partner suchen wollte, weil ich es nicht mehr aushalte. Einen festen. Wobei das wirklich doof ist, weil ich mich eigentlich auf nix neues einlassen will. Das müsste ja dann sicher passen. Von den schon Bekannten war niemand verfügbar oder sie haben nicht so recht gezogen, wie Mr. Riesig zum Beispiel. Dem Genussmann ging es ähnlich und plötzlich fragte er mich, ob ich nicht vorbeikommen wollte. Es war schon schon kurz vor 23 Uhr. Ich musste am nächsten Tag spätestens um 9 Uhr an meinem Schreibtisch im Büro sitzen. Aber alles egal. Ich stellte fest, dass er ja nur 5 Minuten von meiner neuen Arbeit wegwohnt. So cool, das hatte ich gar nicht auf dem Schirm gehabt.

Ich schob mein Corona-Regeln-Brechen-Schlechtes-Gewissen auf die Seite und packte meinen Übernachtungs-Rucksack. Ich hoffte, dass mich die Polizei nicht irgendwo in der Stadt aufhalten würde. Ich dachte keine Sekunde an Sex. Sondern nur daran mit nackter Haut seine Haut spüren. Nähe auftanken, bevorraten. Er instruierte mich noch, wie ich zu ihm reinkomme, so dass die Nachbarn mich möglichst wenig zu Gesicht bekommen. Und los. Wow, wie aufregend. Spontan. Dieser Durst nackte warme Haut zu berühren würde gleich gestillt werden. Wobei ich gar nicht so genau wusste, wie es sich mit ihm anfühlen wird, da wir uns ja maximal fünf Mal in den letzten paar Jahren getroffen haben. Aber egal. Einfach nur rankuscheln. Und ihm ging es ja ähnlich wie mir.

Ich kam an und ich merkte, dass es mir schon gut tat, mal wieder einen anderen Menschen zu Gesicht zu bekommen und mit ihm zu sprechen. ich schmiss meine Sachen auf die Couch. Aber eigentlich machte ich mich gleich kuschel-bettfertig. Es war ja auch schon spät. Ich hatte nur ein T-Shirt und ein Höschen an. Er war schon in sein Bett geklettert und lag unter der Decke. Nackt. Ich zog noch mein T-Shirt aus und kuschelte mich an seinen warmen Körper hin. Es fiel sofort unglaublich viel Spannung von mir ab. Ich saugte das Gefühl auf. Er lag auf dem Rücken, hatte seinen Arm um mich gelegt und ich lag mit dem Kopf auf seiner Brust. Er streichelte meinen Rücken und Kopf, ich seine Brust. Einfach nur da liegen, ein wenig reden und entspannen. Da merkt man, wie sehr mal als Mensch auf Berührung angewiesen ist. Am Ende wurde aus Streicheln und Reden noch ein wenig Fummeln, Brüste liebkosen und ein kleiner Entspannungs-Blowjob für ihn. Ich habe vor Allem die Nähe gebraucht. Und auch wenn es nun schon wieder ein paar Tage her ist, ich zehre noch immer davon. Es hat meine Laune echt verändert, mich rausgeholt aus dem Tief. Aber Shame on me – ich hab dafür die Regeln gebrochen. Aber es trägt mich über die weitere Isolationszeit. Von dem her habe ich ein wenig Verständnis für meinen Studi-Nachbar, auch wenn ich nichts davon halte mich dann so offensichtlich auf den Balkon zu setzen.

Jetzt schwinge ich mich noch auf meine Skates und bringe meinen Body in Schwung. Bleibt gesund.