Ich sitze hier in meiner Wohnung und ärgere mich kurz über den Studentenbubi-Nachbarn, der gerade mit einem Date auf dem Balkon chillt. Aber zu unrecht, außer er wird nun jeden Tag eine andere Frau zu Gast haben, dann würde ich mich wohl beschweren. Ich sollte mich mal wieder chillen. Um das Ganze auszuhalten mache ich verhältnismäßig viel Sport. Das tut gut.
Die ersten 3 Wochen des Lockdowns war ich bei meinen Eltern. In der Zeit hatte ich Homeoffice. Das war insofern cool, weil man auf dem Dorf mit Haus und großem Garten das ganze eh nicht so merkt und die meisten genau dasselbe machen, wie sonst auch – sie werkeln irgendwas im Garten und quatschen über den Gartenzaun. Im Haus meiner Eltern hat mein Bruder noch eine Wohnung und hält sich dort mit seiner Freundin auf. Einsam war es jedenfalls nicht. Wobei ich gemerkt habe, dass ich mich unter Menschen viel einsamer fühle, als allein in meiner Wohnung. Wir sind noch dazu keine Körperkontakt-Familie. In der dritten Woche ging mir das Alleinsein ganz schön an die Nieren. Vor Allem allein unter Menschen, die jeweils nicht allein sind. Da war es fast eine Erlösung für mich, dass mich meine Firma aus dem Homeoffice zurück an den Schreibtisch beordert hat.
Doch der ganze Sport konnte nicht kompensieren, dass ich ziemlich down war und sehr nach körperlicher Nähe dürstete. Alle Gedanken drehten sich nur noch darum…Ich schrieb mit ein paar Kontakten um mich abzulenken. Die meisten sind bei ihren Partnern zu Hause. Je länger das geht, desto mehr fehlt mir der Kollege. Er hat mich nun vor etwa drei Wochen auf WhatsApp blockiert. Seit drei Wochen schreibe ich trotzdem Nachrichten an seinen Account. Ich finde mich auch schräg, wenn ich das tue, aber irgendwie tut es mir gut. Immer wenn ich an ihn denke schreibe ich ihm eine Nachricht, die er nie zu Gesicht bekommen wird.
Ich schrieb auch mit dem Genussmann. Ja der mit dem Absoluten Blinddate. Unser Kontakt, der sehr lose ist, ist aber bestehen geblieben über die letzten Jahre. Er lebt auch alleine, so wie ich. Zusätzlich arbeitet er im Bereich Kunst und Kultur und arbeitet also gerade nicht. Ich erzählte ihm, dass ich mir einen Corona-Partner suchen wollte, weil ich es nicht mehr aushalte. Einen festen. Wobei das wirklich doof ist, weil ich mich eigentlich auf nix neues einlassen will. Das müsste ja dann sicher passen. Von den schon Bekannten war niemand verfügbar oder sie haben nicht so recht gezogen, wie Mr. Riesig zum Beispiel. Dem Genussmann ging es ähnlich und plötzlich fragte er mich, ob ich nicht vorbeikommen wollte. Es war schon schon kurz vor 23 Uhr. Ich musste am nächsten Tag spätestens um 9 Uhr an meinem Schreibtisch im Büro sitzen. Aber alles egal. Ich stellte fest, dass er ja nur 5 Minuten von meiner neuen Arbeit wegwohnt. So cool, das hatte ich gar nicht auf dem Schirm gehabt.
Ich schob mein Corona-Regeln-Brechen-Schlechtes-Gewissen auf die Seite und packte meinen Übernachtungs-Rucksack. Ich hoffte, dass mich die Polizei nicht irgendwo in der Stadt aufhalten würde. Ich dachte keine Sekunde an Sex. Sondern nur daran mit nackter Haut seine Haut spüren. Nähe auftanken, bevorraten. Er instruierte mich noch, wie ich zu ihm reinkomme, so dass die Nachbarn mich möglichst wenig zu Gesicht bekommen. Und los. Wow, wie aufregend. Spontan. Dieser Durst nackte warme Haut zu berühren würde gleich gestillt werden. Wobei ich gar nicht so genau wusste, wie es sich mit ihm anfühlen wird, da wir uns ja maximal fünf Mal in den letzten paar Jahren getroffen haben. Aber egal. Einfach nur rankuscheln. Und ihm ging es ja ähnlich wie mir.
Ich kam an und ich merkte, dass es mir schon gut tat, mal wieder einen anderen Menschen zu Gesicht zu bekommen und mit ihm zu sprechen. ich schmiss meine Sachen auf die Couch. Aber eigentlich machte ich mich gleich kuschel-bettfertig. Es war ja auch schon spät. Ich hatte nur ein T-Shirt und ein Höschen an. Er war schon in sein Bett geklettert und lag unter der Decke. Nackt. Ich zog noch mein T-Shirt aus und kuschelte mich an seinen warmen Körper hin. Es fiel sofort unglaublich viel Spannung von mir ab. Ich saugte das Gefühl auf. Er lag auf dem Rücken, hatte seinen Arm um mich gelegt und ich lag mit dem Kopf auf seiner Brust. Er streichelte meinen Rücken und Kopf, ich seine Brust. Einfach nur da liegen, ein wenig reden und entspannen. Da merkt man, wie sehr mal als Mensch auf Berührung angewiesen ist. Am Ende wurde aus Streicheln und Reden noch ein wenig Fummeln, Brüste liebkosen und ein kleiner Entspannungs-Blowjob für ihn. Ich habe vor Allem die Nähe gebraucht. Und auch wenn es nun schon wieder ein paar Tage her ist, ich zehre noch immer davon. Es hat meine Laune echt verändert, mich rausgeholt aus dem Tief. Aber Shame on me – ich hab dafür die Regeln gebrochen. Aber es trägt mich über die weitere Isolationszeit. Von dem her habe ich ein wenig Verständnis für meinen Studi-Nachbar, auch wenn ich nichts davon halte mich dann so offensichtlich auf den Balkon zu setzen.
Jetzt schwinge ich mich noch auf meine Skates und bringe meinen Body in Schwung. Bleibt gesund.